Unter maßgeblicher Beteiligung des Proletariats hat sich im Iran ein rebellisches Momentum entfaltet, welches das reaktionäre Regime mit Bezug auf soziale Ungerechtigkeit infrage stellt. Städteübergreifend zeugen Parolen wie “Kapitalistischer Mullah, gib uns unser Geld!” oder “Brot, Arbeit, Freiheit!” vom Widerstand gegen den neoliberalen Kapitalismus, der die hungernde Bevölkerung im Würgegriff hält. Was im Iran geschieht, ist deutlich als Klassenkampf von unten zu werten. Daher erklären wir von FOR-Palestine uns bedingungslos solidarisch mit dem Aufstand gegen das repressive iranische Regime.
Neben einer proletarischen Massenbasis verkennen wir aber auch den dialektischen Charakter der Protestbewegung nicht, der sich in jeder Mobilisierung solchen Ausmaßes manifestiert. Imperialistische Interventionen der Regionalmacht Iran werden nicht nur von links aufgegriffen und angeprangert. Völkisch-nationalistische Slogans wie “Wir sind Arier, wir verehren keine Araber!” oder “Weder für Gaza noch für den Libanon, für den Iran opfere ich mein Leben!” werden von Rechten ebenfalls skandiert. Letzterer sogar auf einer Kundgebung vor der- bereits geschlossen – iranischen Botschaft in Berlin, organisiert und veröffentlicht von rechten Imperialismusfans, die sich als “anti”national oder “anti”deutsch bezeichnen. Ihr Versuch, die Proteste hin zu einem rechten Nationalismus zu rücken, für sich zu vereinnahmen und für ihre rassistische Weltanschauung zu instrumentalisieren, kommt nicht von ungefähr. Bereits die scheinheiligen Bekundigungen des westlichen Imperialismus in der Gestalt von Trump und Netanjahu machten es ihnen vor.
Die Instrumentalisierung von rechts macht es umso wichtiger, die progressiven Ansätze und die Ausrichtung gegen den neoliberalen Kapitalismus innerhalb der iranischen Protestbewegung zu unterstützen und zu stärken. Auch besteht durchaus Potential für linke Kritik an der Interventionspolitik des iranischen Regimes. Weitet die Protestbewegung internationalistische Ansätze aus, so kann sie eine katalysatorische Wirkung auf die Region haben: Nur ein in Solidarität geeintes Proletariat kann mit der von oben konstruierten Trennung nach Konfessionen brechen, ein progressives Gegengewicht zu den imperialistischen Machtblöcken und Allianzen anbieten und zum gemeinsamen Klassenkampf inspirieren. Wie auch die iranische Arbeiter*innenklasse leidet beispielsweise das saudische Proletariat unter einem mehr und mehr entfesselten Neoliberalismus. Den Widerstand gegen den Kapitalismus ins Zentrum der Kämpfe zu rücken verbindet das gemeinsame Interesse gegen die jeweiligen Herrscherriegen. Ein im Klassenkampf errungener Sieg der Freiheit und Gerechtigkeit kann nur ein sozialistischer und internationalistischer sein!
Auch mit der antikolonialen Befreiungsbewegung der Palästinenser*innen verbindet iranische Sozialist*innen eine solche Tradition internationaler Solidarität. Diese äußerten sie sowohl theoretisch als auch praktisch im aktiven Kampf an der Seite des palästinensischen Widerstandes. Wir nehmen diesen Internationalismus zum Vorbild und unterstützen die gegen das iranische Regime gerichtete Revolution von unten. Dabei dürfen wir uns auf keinen Fall von der Propaganda der kapitalistischen Mullahkratie blenden lassen: Sie war zu keinem Zeitpunkt solidarischer Unterstützer des palästinensischen Widerstandskampfes, sondern suchte diesen stets für ihr Klasseninteresse sowie den geopolitischen Machterhalt zu instrumentalisieren. Wir unterstützen den Niedergang des repressiven, kapitalistischen Regimes im Iran und die Aufstände der arbeitendenden Massen gegen seinen Neoliberalismus bedingungslos! Eine Verschiebung des berechtigten Protestes nach links, hin zu einem progressiven Antikapitalismus und konsequenten Internationalismus, bleibt dabei unser Anliegen.