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Zwischen „Maavak“ und „Matzpen“

August 16, 2017 By FOR-Palestine

Liliana (Noa) Kaczerginski Cordova

Der folgende Text, der sich im hebräischen Original auf der Webseite der antizionistischen Organisation “Matzpen” befindet, diente als Hintergrund für eine Veranstaltung mit dem Titel “Die Israelische Linke – von Matzpen zu der Boykottbewegung”, die am 17.8.2017 mit der Verfasserin stattfand. 

Ich wuchs in Argentinien in einer sehr säkularen Familie auf. Meine Mutter kochte Delikatessen nur am Yom Kippur. Meine Eltern kamen aus Litauen, aus der Gegend von Vilnius, als sie unter polnischer Besatzung war. Mit dem Judentum waren sie hauptsächlich durch die jiddische Kultur, sowohl ihre Bücher als auch die „Werte“, an die sie glaubten, verbunden. Die Basis dieser Kultur war: eine starke Ablehnung von Ausbeutung, Unterdrückung, Rassismus; der Glaube an die Solidarität zwischen Menschen und Völkern; Aufrichtigkeit und Wahrheit. Geld und Feigheit haben sie verachtet. Die Verbindung mit der internationalen Arbeiterbewegung war ihr Stolz.

Die allgemeine Umgebung in Argentinien war damals sehr lebhaft und militant. Der Marxismus war Teil der allgemeinen Kultur, der bewaffnete Kampf ein wichtiger Ausdruck des Kampfes gegen den Imperialismus und die herrschende Bourgeoisie.

In der Pubertät fühlte ich keinen Widerspruch zwischen meinen allgemeinen, linken Positionen und dem aktivistischen Zionismus der „Ikhud Habonim“ in Argentinien – der Jugendorganisation von „Mapai“, der Arbeiterpartei, die, denke ich, die Schwesterorganisastion von „HaNoar HaOved VeHaLomed“ in Israel war.

Warum fühlte ich keinen Widerspruch? Gute Frage. Die zionistischen Delegationen aus Israel wussten, uns ihre Ideen gut zu verkaufen. Es ging so in etwa: Revolutionär-Sein ist gut, kommt und macht das in Israel. Das beste Mittel gegen die bürgerlichen Ansprüche ist es, in einen Kibbutz zu gehen, das selbst die Verwirklichung der Klassenrevolution ist.

Bevor ich anfing, an der Uni zu studieren, trat ich einer Gruppe bei, die sich auf das „Aliyah“, die Migration, vorbereitete. Sie sollte sich dem Kibbuz „Hatzerim“ in der nördlichen Naqab-Wüste anschließen. Mehrere Monate verbrachten wir auf einem Bauernhof, etwa hundert Kilometer von Buenos-Aires entfernt. Das war für mich ein einschneidendes Erlebnis .– Das Leben in einer geschlossenen Gesellschaft kam mir wie die Hölle vor. Jede Entscheidung und jedes Verhalten (Sex, Alkohol, Klamotten, sogar literarische Vorlieben) mussten durch den Filter der allgemeinen Meinung der Gruppe, jede „Abweichung“ war ein Skandal. Nach vielen Schmerzen und Überlegungen entschied ich: Das ist nichts für mich. Seitdem finde ich jede Struktur abstoßend, die mich an ein Kibbuz erinnert.

Der jüdische Teil meines Bewusstseins war voller Widersprüche. Die meisten von uns (in der zionistischen Jugendbewegung als auch in der jüdischen Schule) kamen aus säkularen oder sehr säkularen Häusern. Keiner von uns aß „koscher“. Schweinewurst, ein wichtiger Bestandteil des argentinischen Essens, war normal. Wenn jemand auf die religiöse Gebote achtete, galt er als exotisch.

Irgendwie feierten wir Pessach und Rosh Hashanah, aber auf eine Sache passten alle auf: Eheschließung gab es nur innerhalb des „Klans“, die meistens heirateten auch in einer Synagoge, führten die Beschneidung durch und begruben die Verwandten auf dem jüdischen Friedhof. Für uns bedeutete, ein „guter Jude“ zu sein, unsere „Aliyah“ (Migration) zu organisieren, um eine gerechte Gesellschaft in Israel aufzubauen. Wir saugten das zionistische Narrativ unhinterfragt auf, als ob es heilig wäre, ohne uns zu fragen, warum Jüd*innen eine Ausnahme sein sollten, die nicht in der Lage wären, sich in anderen Gesellschaften der Welt zu integrieren. Vieles wurde über die jüdische Identität gesagt und geschrieben, über die Frage ob Jüd*innen ein Volk, eine Nation usw. wären.

Den europäischen Antisemitismus akzeptierten wir als Dogma: unsere Ausbilder redeten nicht davon (und vielleicht wussten sie es nicht), dass im osmanischen Reich die Jüd*innen nicht verfolgt wurden, und dass sogar in Europa, in Ländern wie Schweden oder Bulgarien, die Jud*innen vor den Nazis geschützt wurden. Wir wussten gar nicht, dass es kein Problem ist, ein „Jude“ in der Türkei zu sein, innerhalb des gesamten Mosaiks der dortigen Nationen und Ethnien. Die Geschichte der Jüd*innen wurden uns durch die Brille des Eurozentrismus beigebracht, insbesondere, wenn es um Verfolgung, Pogrome und Segregation ging.

In den linken Kreisen in Argentinien genoss Israel bis 1967 eine ziemlich positive Presse. Das kann auch die Tatsache erklären, warum so viele Jugendliche gleichzeitig in der zionistischen und in den kommunistischen Jugendorganisationen aktiv waren. Das zionistische Narrativ und die Tatsache, dass die Sowjetunion die Staatsgründung Israels unterstützte, haben die linken Kreise stark geprägt.

Bis 1956 – dem Jahr des israelischen Angriffs auf die Regierung Nassers in Zusammenarbeit mit Frankreich und Großbritannien – galt Israel sogar als ein progressiver Staat. Auch danach fokussierte sich die Kritik an Israel daran, dass es ein Auswuchs des Imperialismus und mit dem Sowjetunion nicht alliiert sei, ohne den kolonialen Aspekt des Zionismus in Betracht zu ziehen. Die argentinische kommunistische Partei betrachte nur das „Aliyah“ jüdischer Argentinier*innen nach Israel als sehr negativ. Die Partei sah diese als argentinische Staatsbürger*innen. Punkt. „Aliyah“ galt als nicht mehr als nationalistische Spinnerei.

All das hat sich langsam verändert nach dem Juni 1967, mit dem Krieg und dem Anfang der Besatzung. Aber bis 1968 waren meine Ohren für jegliche Kritik an Israel verschlossen. Zu dieser Zeit war ich Studentin der Geisteswissenschaften an der Uni. In Argentinien herrschte seit 1966 das Militär unter Juan Carlos Onganía, und die universitäre Föderation Buenos Aires (FUBA) organisierte eine Reihe von Demonstrationen gegen das Regime. Ich nahm an einigen dieser Demos Teil, die mit Gewalt unterdrückt wurden, und mehr als ein Mal habe ich den Schlagstock auf meinen Rücken gespürt.

Meine Genoss*innen bei den Demos gehörten der militanten Linke an, und in unseren Gesprächen tauchte auch die Frage des Nahen Osten auf. Sie warfen Israel vor, dass es sich  von den 1967 besetzten Gebieten nicht trennen möchte und dass es gegen die progressiven arabischen Regimes hetzt. Meine Ohren waren jetzt offener – ich fing an, die Logik in diesen Argumenten zu sehen. Aber nach so vielen Jahren zionistischer Indoktrination wollte ich trotzdem nach Israel fahren, und selbst sehen und verstehen, was für ein Staat und welche Gesellschaft das ist.

Ich hatte einen weiteren Grund, einen persönlichen. Es war nicht leicht, das Haus meiner Mutter einfach so zu verlassen (mein Vater kam bei einem Flugzeugsturz ums Leben, als ich sieben war). Aber für mich war das Verlassen des Zuhauses ein Schritt der Befreiung von den Ketten der Familie, ihrer Kultur, ihren Forderungen, ihrer Identität.

Ich migrierte 1969 im Alter von 21 nach Israel. Ich fühlte mich nicht fremd, aber entfremdet. Ich fühlte mich nicht fremd, weil ich viele Menschen kannte, Argentinier*innen, die vor mir immigriert waren, und auch Familienmitglieder, die mich mit offenen Armen willkommen hießen. Entfremdung – ja, eine sehr, sehr tiefe. Linke Kultur, marxistische Kultur „gehörte sich nicht“ in Israel.

An der hebräischen Uni, an der ich Literatur studierte, gab es eine Gruppe, die sich später „Siakh“ (Neue Israelische Linke) nannte, und aus ehemaligen Kommunist*innen und verschiedenen Linken bestand, die der Frankfurter Schule nahe waren. In meiner starken zionistischen Überzeugung gab es schon Risse, und ich habe gesehen, dass ich dort Ansprechpartner*innen und Genoss*innen habe.

Eine persönliche Erfahrung, die den Riss mit dem zionistischen Konsens vergrößert hat, war meine Zeit mit einer Gruppe von „Siakh“-Mitglieder in dem zerstörten arabischen Dorf Birim („Biram“ auf Hebräisch), wo ich die Geschichte der Flüchtlinge des Dorfes von 1948 bis Ende der 60er Jahre gehört habe. Hören, sehen und nicht glauben … die Vertriebenen des Dorfes sitzen ein Paar Kilometer von ihrem Dorf entfernt, das Dorf ist leer, das Oberste Gericht beschloss schon in den 50er Jahren, dass die Menschen zurück dürfen – und trotzdem hinderte sie die Regierung konsequent daran. Unser demonstrativer Aufenthalt in den Ruinen von Birim galt als illegal, wir wurden verhaftet und nach zwei Tagen entlassen.

Innerhalb „Siakh“ gab es heftige Diskussionen zu Themen wie dem Wesen des Kommunismus, den Strukturen revolutionärer Organisationen – und den Charakter des Zionismus. Auf dem Jerusalemer Campus lernte ich arabische Student*innen kennen. Unter ihnen erinnere ich mich besonderes an Mohammad Qiwan aus Um El-Fahem und Mohammad Madi aus Araba. Qiwan, der Mitbegründer der Bewegung „Ibne el-Balad“ (Söhne des Dorfes), erzählte mir von dem Leben unter dem Militärregime, das den palästinensischen arabischen Bewohner*innen Israels von 1948 bis 966 aufgezwungen wurde, und von den Erniedrigungen, die seine Familie unter ihm erlitt. Mir wurde von mehreren Diskriminierungen erzählt: Mohammad Qiwan wurde für seine politische Arbeit mit einer Anordnung bestraft, die seine Bewegungsfreiheit einschränkte und ihn zwang, in sein Dorf zurückzukehren und dort zu bleiben. Im Vergleich zu der Entfremdung, die ich gegenüber den rohen, pragmatischen in Israel geborenen Jud*innen fühlte, die „man nicht verarschen kann“, habe ich eine Nähe zu den Araber*innen gespürt. In ihren sozialen Verhalten erinnerten sie mich an die Argentinier*innen: zusammen essen, endlose Gespräche über die Weltverbesserung bis in den frühen Morgen. Ihr Haus und ihr Herz waren offen.

Und irgendwie war auch „Matzpen“ anwesend. Ich hatte von Khalil Toa´ma gehört, einem Matzpen-Mitglied, der Student an der Jerusalemer Uni war und wegen seiner politischen Überzeugungen oft schikaniert wurde.

Meine Loslösung vom Zionismus war ein gradueller Prozess, der durch mein wachsendes Bewusstsein für verschiedene Tatsachen beeinflusst war: für die Privilegien der Jüd*innen im Lande, für das aggressive israelische Verhalten und den israelischen Machismo, für das tiefe „Stammesgefühl“, über das der Schriftsteller und Dramatiker Hanoch Levin treffend schrieb: gut, stinkend und warm. Alles, was für die Jüd*innen gut ist, ist wichtig – der Rest ist komplett unwichtig. Ich merkte auch die inhärent rassistische Haltung zu den Araber*innen und innerhalb der israelischen Gesellschaft –die Verachtung gegenüber den Nicht-Ashkenazis (Ashkenazi sind aus Europa stammende Jüd*innen). Ich arbeitete in sozialen Zentren und dort sah ich auch die tatsächlichen mentalen Schäden, die viele Mizrachis (aus dem Nahen Osten stammende Jüd*innen) durch diese Behandlung erlitten haben. Sogar Kleinigkeiten, wie die Schwierigkeit, nicht-koschere Lebensmitteln zu finden, stießen mich ab.

Dazu kam das Kennenlernen des Kreises von „Matzpen“. In dieser Zeit, Anfang der 70er Jahre, war „Matzpen“ schon gespalten. In Jerusalem war hauptsächlich die trotzkistische Gruppe aktiv. „Maavak“ („Kampf“ – die revolutionäre kommunistische Allianz), Haim Hanegbi und „Matzpen Tel-Aviv“ waren die Nachfolger der historischen „Matzpen“. Ich wurde auch von Büchern sehr beeinflusst, wie Nathan Weinstocks „Der Zionismus gegen Israel“ oder „Das arabische Erwachen“ von George Antonius, und natürlich „Shalom Shalom und kein Frieden“ der Matzpen-Mitglieder Moshe Machover und Akiva Orr. Von Haim Hanegbi lernte ich viel in persönlichen Gesprächen, in Cafés und bei jeder Gelegenheit, als er in Jerusalem vor Publikum sprach.

Letztendlich kam ich doch „Maavak“ näher, da ich bei ihnen eine bedeutsame Unterstützung des bewaffneten Kampfes bemerkte (nicht umsonst waren die jüdischen politischen Gefangenen des „jüdisch-arabischen Netzwerks“ ehemalige „Maavak“-Mitglieder – Udi Adiv und Dan Vered; und auch Rami Livne und Melli Lehrmann, die wegen ihres Treffens mit einem palästinensischen Linken inhaftiert wurden, waren „Maavak“-Mitglieder). Andere Punkte, die mich anzogen, waren, dass „Maavak“ betonte, dass der Nahe Osten ein Teil der „Dritten Welt“ und seiner nationalen Befreiungskämpfe sei, und die Nähe zu Theorien wie jenen Franz Fanons, der die ethnisch-koloniale Unterdrückung sehr tiefgehend analysierte. Als eine Person, die sehr an der Ideologie des antiimperialistischen Nationalismus glaubte, hatte ich eine positive Haltung gegenüber dem Staat als Instrument für eine kämpfende Volksorganisation.

Meinem Eintritt bei „Maavak“ empfand ich nicht als Trennung von der historischen „Matzpen“: ich betrachtete „Maavak“ als eine Entwicklung von „Matzpen“. Die Aktivitäten in der Kampagne „Freiheit für Giora Neumann“ („Matzpen“-Mitglied, das wegen seiner Verweigerung, im Militär zu dienen, inhaftiert war) war sehr dynamisch. Eine Weile standen sich sogar beide Organisationen, „Maavak“ und „Matzpen“, sehr nah. So gingen wir 1973 mit einer gemeinsamen Liste für die Parlamentswahl, „Die revolutionäre sozialistische Liste“ (RS),  an die Öffentlichkeit, mit Rami Livne als Spitzenkandidat, der damals ein politischer Gefangener war.

In meinen Jahren in „Maavak“ besuchte ich die arabischen Städte und Dörfer sehr oft. Ich war besonders eng mit der Familie des im Exil lebenden Dichters Mahmoud Darwish verbunden, da ich mehrere Jahre mit seinem jungen Bruder Nasukhi zusammen war. Die Familie – Flüchtlinge aus Birwa, einem vom israelischen Militär 1948 zerstörten Dorf – lebte (und lebt immer noch) in Jadayda, in der Nähe von Akka. Die Geschichten der palästinensischen Flüchtlinge wurden mir deutlich und wichtig. Ich lernte Menschen kennen, die damals in der „Al-Ard“ Bewegung (von Palästinenser*innen mit israelischer Staatangehörigkeit) aktiv waren. Ich hatte soziale und politische Kontakte mit Mitgliedern von „Rakach“, der israelischen kommunistischen Partei, aber politisch fühlte ich mich der „Ibne Al-Balad“-Bewegung sehr verbunden, deren Zentrum in Um El-Fahm war, das ich oft besuchte.

Meine unabhängige Persönlichkeit ermöglichte mir zusammen mit meinem Willen und der Fähigkeit, Kontakte zu verschiedenen Menschen zu knüpfen, mich letztendlich vom jüdischen „Stamm“ fast ohne Leid und Schmerzen loszulösen.

Meine Beziehung zum bewaffneten Widerstand der palästinensischen nationalen Befreiungsbewegung wurde durch die Tradition meiner Familie geprägt. Im Zweiten Weltkrieg war mein Vater ein Partisan und Guerillakämpfer in Europa, anfangs unter der Führung des Kommunisten Yitzhak Wittenberg im Ghetto von Vilnius. Nachdem Wittenberg gezwungen war, sich den Deutschen zu ergeben, und hingerichtet wurde, kämpfte er unter der Führung von Abba Kowner. Mein Vater verübte mehr als 400 Sabotage-Aktionen gegen die Bahnstrecken, die dem Nazi-Militär in Litauen und Weißrussland dienten.

Diese Tradition knüpfte auch an die revolutionären Traditionen in Argentinien an, wo sich viele Jugendliche Untergrundorganisationen anschlossen, die den bewaffneten Kampf gegen das Regime führten. Für mich war dieser Weg ein legitimer Bestandteil eines Widerstands, einer menschlichen Organisierung gegen die Unterdrückung.

Die frühen 70er Jahre waren auch die Jahre des Kampfes der „Black Panthers“. Wie viele in der revolutionären Linke glaubte auch ich, dass so eine Gruppe die Speerspitze einer progressiven sozialen Organisierung sein könne, und zwischen ihr und der Arbeit für die Rechte der Palästinenser*innen eine Brücke geschlagen werden kann. In diesen Jahren traf ich Mizrachi- Aktivist*innen mit einem hohem politischen Bewusstsein, die gleichzeitig das Ende der Besatzung und die Gründung eines palästinensischen Staates unterstützt haben.

1976 entschieden sich die Genossen von „Maavak“, die Organisation aufzulösen. Eine Weile lebte ich in Tel-Aviv und ging zu den Diskussionen von „Matzpen“, die damals in der Wohnung von Haim Hanegbi stattfanden. In dieser Zeit wohnte auch eine Weile Charlie Bitton bei mir, der damals von der Polizei gesucht wurde wegen seiner Teilnahme an der „Aktion Milch“ der „Black Panthers“ (die Aktivist*innen hatten Milchflaschen aus Supermärkten „genommen“ und in den ärmeren Vierteln verteilt).

Damals wohnte ich im „Florentin“-Kiez, einem Arbeiterviertel, in dem hauptsächlich Sepharadim aus Bulgarien, der Türkei, Griechenland lebten, zusammen mit einem Mitbewohner, Nathan, der auch bei „Maavak“ war und heute in Brasilien lebt. Zu dieser Zeit wurde die Soldatin Rachel Heller ermordet, die Mitglied von „Avantgarde“ (einer weiteren Abspaltung von Matzpen) war. Die Polizei verdächtige ihren damaligen Freund, Yoram Bichonski, der auch bei „Avantgarde“ war, und verhaftete ihn. Nathan und ich waren über das Wochenende nicht zu Hause. Als ich zurückkam, fand ich die Wohnung durcheinander. Einige wenige Wertsachen wurden geklaut, kein Elektrogerät wurde entwendet, aber alle meine Fotoalben samt meiner Kindheitsfotos waren ebenso weg wie mein gesamter Briefwechseln mit Freund*innen, mit Liebhaber*innen und der Familie sowie die Tagebücher, die ich in der Pubertät schrieb.

Ich hatte sofort den Verdacht, die Sicherheitsdienste stünden hinter dem Einbruch, und vielleicht habe ich deshalb keine Anzeige erstattet. Der Verlust tut noch weh, vielleicht wird dort jemand diesen Text lesen und mir das Geklaute zurückgeben …

Seit 1985 lebe ich in Frankreich. Meine Arbeit hier als anti-zionistische Aktivistin dreht sich um die Solidarität und die Verteidigung der Rechte der Palästinenser*innen. Mein Bezugspunkt ist die historische „Matzpen“ – die unbefangene und tiefe Analyse des Zionismus, wie es in den Blättern „Matzpens“ vor 40 Jahren formuliert wurde, und die klare Sicht aller Mitglieder auf die zionistische Ideologie als nationalistisch, kolonialistisch und rassistisch; und gleichzeitig – das Streben nach einem sozialistischen Nahen Osten, ohne ethnisches Sektierertum und ohne jegliche Herrschaftsverhältnisse.

 

Paris, 21.9.2007

 

Kultur für die Unterdrückten, nicht für die Normalisierung
An 1967 erinnern heißt, 1948 zu gedenken

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